09.01.2014

Mankos, Makel und Schwächen

Warum der „Pflege-Bahr“ als staatlich geförderte Pflegeversicherung nicht für alle Menschen taugt und vorzugsweise für Risikogruppen interessant ist?

2013 wurde vom Ex-Gesundheitsminister Daniel Bahr die staatlich geförderte Pflegezusatzversicherung eingeführt. Doch Verbraucherschützer empfehlen Achtsamkeit, denn sie sehen einige Probleme.

Sicher ist, dass wir trotz der 1995 eingeführten sozialen Pflegeversicherung fortwährend immer mehr in die eigene Tasche greifen müssen, wenn bei uns die Pflegebedürftigkeit einsetzt. 1999 lag der Eigenanteil für einen Heimplatz in der Pflegestufe III durchschnittlich bei 1451 Euro. Heute liegt der Preis für einen Heimplatz mit Pflegestufe III im Schnitt bei 3312 Euro und die Versicherung zahlt davon aber nur 1510 Euro. Das besagt, unser Eigenanteil ist auf 1802 Euro angewachsen. Auch in Zukunft ist mit steigenden Kosten zu rechnen. Der „Pflege-Bahr“ ist daher nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Für die sogenannte Mindestabsicherung muss ein/e 40jährige/er monatlich ca. 15 Euro bezahlen. Abzüglich der staatlichen Förderung von fünf Euro im Monat bleiben 10 Euro übrig. Die dann versicherten Gelder reichen aber längst nicht aus, um die Eigenanteile deutlich zu senken. Bei einem Heimplatz mit Pflegestufe III würde dies immer noch eine Finanzlücke für 1200 Euro bedeuten und das ist weitaus mehr, als viele Rentner bekommen. Um die Finanzlücken bei allen Pflegestufen komplett zu schließen, müssen höhere Tagegelder versichert werden und der monatliche Beitrag würde erheblich ansteigen. Hier kommen dann schnell mal 60 Euro im Monat zusammen.

Ein großer Schwachpunkt besteht darin, dass die Versicherungen ihre Beiträge erhöhen können, wenn es zu mehr Pflegefällen kommt als ursprünglich kalkuliert. Und das bei gleicher Leistung, denn eine Dynamisierung (Anpassung an die steigenden Preise) ist beim „Pflege-Bahr“ nicht vorgesehen. Niemand weiß, wo die Pflegekosten sich hinbewegen und was 600 Euro (Mindestabsicherung) in der Pflege in 30 oder 40 Jahren wert sind. Vor allem für jüngere Menschen ist es unmöglich, dies einzuschätzen. Stiftung Warentest kam daher zu folgendem Schluss: „Die Pflegetagegeldversicherung ist für Kunden unter 40 Jahren kaum geeignet.“

Ein weiterer Nachteil vom „Pflege-Bahr“ ist die nicht vorhandene Gesundheitsprüfung. Es gibt diese anders als bei nicht geförderten Pflegetagegeldversicherungen nicht und dadurch auch keine Zuschläge bei Vorerkrankungen. Hieraus ergibt sich ein Kostenrisiko, welches auf alle Versicherten umgelegt wird. Dieser Sozialgedanke hat Folgen für die Prämienhöhe und geförderte Verträge schneiden schlechter ab, als nicht geförderte Tarife. Außerdem kann man wählen, dass bei Eintritt des Pflegefalles keine Prämien mehr gezahlt werden müssen. Beim „Pflege-Bahr“ sind die Prämien auch beim Eintritt der Pflegebedürftigkeit weiter zu zahlen, welches die Leistung wiederum verringert.

Dieser Nachteil ist jedoch auch der Vorteil für Menschen mit Vorerkrankungen und Behinderungen. Durch die fehlende Risikoprüfung ist es für diese möglich, eine zusätzliche Pflegeversicherung abzuschließen. In den ungeförderten Tarifen werden sie oftmals abgelehnt oder müssen hohe Zuschläge in Kauf nehmen.

 


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